Global Sustainability Strategy Forum - Wie Wissenschaft eine nachhaltige Zukunft in verschiedenen Kulturen und Kontexten fördern kann

Wie kann die Wissenschaft zur Bewältigung nicht nachhaltiger Praktiken und systemischer Risiken beitragen? Vorschläge dazu hat das Global Sustainability Strategy Forum (GSSF) entwickelt, das vom IASS-Direktor Ortwin Renn initiiert wurde und von der Volkswagenstiftung finanziert wird. In einem Beitrag für die Zeitschrift „Global Sustainability“ beschreibt das GSSF-Kernteam, wie es der Wissenschaft mit kreativen Ansätzen gelingen kann, eine gerechte und nachhaltige Zukunft in unterschiedlichen Kulturen und Kontexten zu fördern.

Laut den Forschenden ist es von entscheidender Bedeutung, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, ihre Institutionen und Förderer einen Ansatz verfolgen, der viele Wissensquellen einbezieht und auch Erfahrungswissen berücksichtigt. So sollte eine wissenschaftliche Einrichtung, die den Wandel zur Nachhaltigkeit befördern will, interdisziplinäres Fachwissen, aber auch informelles Wissen, das sich aus praktischen Erfahrungen ergibt, einbeziehen. Die Nachhaltigkeitsforschung ist auf eine umfassende, ganzheitliche Perspektive, auf gesellschaftliche und ökologische Trends, Muster und Verhaltensweisen angewiesen, um handlungswirksames Wissen bereitstellen zu können.

Lösungen für bestehende Probleme sollten in einem ko-kreativen Prozess entwickelt werden, der auf einer Vielzahl von Zukunftsvisionen und bestehenden Traditionen, lokalen Kontexten und kulturellen Erzählungen aufbaut. Die Menschen werden nachhaltige Praktiken nur dann annehmen, wenn es im Hinblick auf ihre soziale und kulturelle Identität Sinn ergibt.

Entscheidende Rolle der Narrative

Narrative haben als grundlegender Kommunikationsmechanismus der Menschheit eine große normative Kraft, da sie kulturelle Identität widerspiegeln, auf vertrauten Verhaltensmustern aufbauen und für alle nachvollziehbare Zukunftsbilder entwerfen. Aus Narrativen lassen sich Erkenntnisse über kontext- und kulturspezifische Wahrnehmungen, Hoffnungen oder Ängste und soziale Dynamiken ableiten, die wesentliche Bestandteile eines neuen Modells der Wissenschaft zum Verständnis und zur Bewältigung komplexer gesellschaftlicher Herausforderungen sind.

Betonung des gegenseitigen Lernens

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich um Nachhaltigkeit bemühen, sind gut beraten, neben ihrem disziplinären Fachwissen auch einen interaktiven Ansatz des gegenseitigen, transdisziplinären Lernens zu verfolgen, der Interessengruppen und die Zivilgesellschaft über den Bereich der Wissenschaft hinaus einbezieht. Sie dürfen sich nicht darauf beschränken, die Menschheit zu warnen, dass eine Katastrophe bevorstehe, sondern müssen im Rahmen eines intensiven Austauschs mit den gesellschaftlichen Gruppen Lösungen entwickeln, um sie zu verhindern oder zumindest einzudämmen. Sie sollten daher aktiv die Chance nutzen, als Wissensträger zusammen mit anderen gesellschaftlichen Akteuren an Prozessen der gemeinsamen Politikgestaltung teilzunehmen.

Von der Forschung zur Bildung

Damit die Wissenschaft den Wandel der Gesellschaft hin zu einer nachhaltigen Zukunft leiten und unterstützen kann, braucht es tiefgreifende Veränderungen in der Bildung, von der frühkindlichen Erziehung über die Grundschule, die Sekundarstufe, die Hochschule hin zum lebenslangen Lernen. Beim Lernen geht es weniger um die Vermittlung von Wissensbeständen, sondern um Kompetenzen und Strategien zur Erkennung von Problemen und zur Entwicklung von Lösungen. Stärker in den Vordergrund muss die Fähigkeit rücken, sich an der Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft zu beteiligen. Die Neugier der Lernenden zu wecken und zu fördern, mehr Gelegenheiten zum Ideendialog zu schaffen und an Projekten mitzuarbeiten – all dies sind Vorbilder für Prozesse, die ein konstruktiveres Engagement in partizipativen Dialogen ermöglichen.

Die Forschenden fordern Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Praktikerinnen und Praktiker aus dem Bereich der Nachhaltigkeit nachdrücklich auf, gemeinsam umzudenken, kreative Ansätze zu finden und nach einem neuen Paradigma zu handeln.

Chabay, I., Renn, O., van der Leeuw, S., Droy, S. (2021 online): Transforming Scholarship to Co-create Sustainable Futures. - Global Sustainability, 1-11.
https://doi.org/10.1017/sus.2021.18

Foto: ©Stutterstock/petrmalinak

Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungszentrum GFZ mit dem Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit (RIFS)

Die Teams am RIFS (ehemals IASS) forschen mit dem Ziel, gesellschaftliche Wandlungsprozesse, die zu einem nachhaltigeren Lebensstil führen, zu verstehen, zu fördern und zu gestalten. …